(Bonn, 06.08.2025) Professor Thomas Paul Schirrmacher besuchte das Fourah Bay College in Freetown (Sierra Leone) und seinen derzeitigen Leiter, Professor Kelleh Gbawuru Mansaray. Er ist seit 2022 Vice Chancellor – einen Kanzler gibt es derzeit nicht. Mansaray, der in Deutschland studierte, zeigte Schirrmacher anhand der Ahnengalerie der Leiter des Colleges seit 1827, welch großen Einfluss deutsche und Schweizer Wissenschaftler hatten. Anschließend besuchte Schirrmacher mit seinem Team mehrere Gebäude der Fakultäten des Colleges, das heute das Zentrum der University of Sierra Leone ist.
Das Fourah Bay College in Freetown wird auch das „Athen Westafrikas“ genannt, weil es im 19. und frühen 20. Jahrhundert das wichtigste Zentrum für höhere Bildung und intellektuelles Leben und bis zum Zweiten Weltkrieg die einzige Hochschule dieser Art in Westafrika war. Es wird auch als „das Oxford Westafrikas“ bezeichnet, da es viele bedeutende Wissenschaftler und Top-Politiker Westafrikas hervorgebracht hat. So gingen viele der ersten afrikanischen Akademiker, Geistlichen, Lehrer und später auch politische Führer aus dem College hervor. Es war die erste westliche Hochschuleinrichtung südlich der Sahara war und prägte maßgeblich die Entwicklung einer gebildeten Elite, die in verschiedenen Ländern Westafrikas entscheidende Rollen in Verwaltung, Bildung, Kirche und Politik übernahm.

Das Fourah Bay College wurde 1827 von der britischen Church Missionary Society (CMS) gegründet. Ziel der Einrichtung war, afrikanische Geistliche und Lehrer für die christliche Mission auszubilden. Der erste Rektor, Reverend Edward Jones, war ein afrikanisch-amerikanischer Missionar, der die Entwicklung des Colleges entscheidend prägte. Bereits mit der Aufnahme der ersten Studierenden – unter ihnen Samuel Ajayi Crowther, der spätere erste anglikanische Bischof Afrikas – begann die Entwicklung des Colleges zu einem wichtigen Bildungszentrum für Westafrika. Danach stand das College lange unter Leitung deutscher und deutschsprachiger Missionare und Sprachforscher. Vor allem die deutschen Sprachforscher Sigismund W. Koelle und Charles (Carl) A. Reichardt sorgten dafür, dass das College führend im Ernstnehmen afrikanischer Geschichte und Kontextualisierung wurde.
Da das College zwar von Briten gegründet wurde, schon früh und bis heute mit der britischen Universität Durham kooperiert, zugleich aber über viele Jahre unter der Leitung von deutschen Sprach- und Kulturforschern stand, hat seine ungewöhnlich breite Kombination akademischer Traditionen die gesamte Bildungslandschaft von Sierra Leone geprägt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich Fourah Bay College von einer reinen Missionsschule zu einer vollwertigen Hochschule, die nicht nur Theologie, sondern auch Philosophie, Sprachen und Naturwissenschaften unterrichtete. 1876 wurde das College als erste westafrikanische Hochschule mit der Universität Durham in England affiliiert, sodass Absolventen einen weltweit anerkannten Abschluss erwerben konnten. Der Ruf des Colleges breitete sich schnell aus und Studierende aus ganz Westafrika kamen nach Freetown.
Im Lauf des 20. Jahrhunderts war Fourah Bay College eine zentrale Stütze im Bildungssystem Sierra Leones. Im Lauf der Jahrzehnte wurden neue Fakultäten gegründet, sodass ein breites Spektrum von Studiengängen entstand – von Ingenieurwissenschaften über Rechtswissenschaft bis hin zu Sozial- und Naturwissenschaften. Die Gebäude des Colleges auf dem Mount Aureol in Freetown sind architektonisch und historisch bedeutend, und die Universitätskapelle erinnert an das missionarische Erbe der Institution.
Fourah Bay College überstand im 20. und frühen 21. Jahrhundert politische Umbrüche, Bürgerkrieg und Infrastrukturprobleme. Heute ist das College das Herz der Universität Sierra Leone und prägt weiterhin die Entwicklung des Landes und der Region Westafrika.

Bereits vor Gründung des Colleges arbeiteten viele deutsche Missionare im Umfeld der Church Missionary Society. Sie waren für ihre Forschungsarbeit zur afrikanischen Sprachenvielfalt bekannt und galten als besonders engagiert und gebildet. Der allererste Direktor der Vorläuferinstitution, der „Christian Institution“, war der Deutsche Leopold Butscher, ein lutherischer Geistlicher. Er organisierte die Schule, leitete den Bau und öffnete sie 1816. Butscher war der erste Vertreter einer ganzen Reihe deutscher (und schweizerischer) Missionare, die maßgeblich den Lehrbetrieb und die Administration prägten. Viele der frühen deutschsprachigen Dozenten forschten intensiv zu lokalen afrikanischen Sprachen. Sie trugen dazu bei, dass das Fourah Bay College zu einem frühen Zentrum der Afrika-Sprachenforschung wurde. Die starke Präsenz deutscher Lehrkräfte und Akademiker in der Frühzeit beruhte u.a. darauf, dass britische Missionare schwerer zu gewinnen waren und deutsche Theologen oft als sehr qualifiziert und vielseitig galten.
Professor Kelleh Gbawuru Mansaray ist einer der führenden Pioniere in der Konzeption und Entwicklung von Programmen für erneuerbare Energien in Sierra Leone. Er hat einen Bachelor of Science in Physik von der Universität Sierra Leone, einen Master of Science in Technologien für erneuerbare Energien von der Carl von Ossietzky Universität in Deutschland, einen Doktortitel in Biotechnologie (mit Spezialisierung auf Bioenergiesysteme) von der Dalhousie University in Kanada und ein Jahr Erfahrung als Postdoktorand im Bereich Chemieingenieurwesen an der University of British Columbia in Kanada. Er hat in verschiedenen Disziplinen der erneuerbaren Energietechnik gelehrt und geforscht und viele Projekte von Studierenden und Doktoranden betreut, die zu Prototypen und öffentlichen Installationen, insbesondere in den Bereichen angewandte Technologie und erneuerbare Energien, geführt haben. Im Bereich Projektmanagement war er als nationaler Projektkoordinator für die Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung in Sierra Leone tätig und verantwortlich für die Entwicklung von Projekten und Programmen im Bereich erneuerbare Energien, einschließlich Forschung, Machbarkeitsstudien, Technologietransfer, Umsetzung schlüsselfertiger Projekte und Kapazitätsaufbau. Prof. Mansaray hat mehrere nationale und internationale Auszeichnungen und Preise erhalten, darunter eine Auszeichnung im renommierten globalen 2023 AD Scientific Index für seinen leidenschaftlichen Beitrag zur Förderung der Wissenschaft, eine Auszeichnung der Universität von Sierra Leone für seinen Beitrag zur Forschung, eine Auszeichnung der Vereinten Nationen für seinen besonderen Beitrag zur Süd-Süd- und Dreieckskooperation sowie eine Auszeichnung als verdienstvoller Kandidat des Natural Sciences and Engineering Research Council of Canada. Er ist Mitglied der International Association for Solar Energy Education, Mitglied des Professional Engineers Registration Council of Sierra Leone und Fellow der Sierra Leone Institution of Engineers.
Downloads und Links
- Foto 1: Professor Mansaray erklärt Thomas Schirrmacher anhand der Fotos seiner Vorgänger die Geschichte des Fourah Bay College in Freetown (Sierra Leone) © Martin Warnecke
- Foto 2: Die Zentrale des Fourah Bay College Freetown (Sierra Leone) © Thomas Schirrmacher
- Foto 3: Thomas Schirrmacher und Martin Warnecke mit Studierenden der Rechtswissenschaftlichen Fakultät des Fourah Bay College in Freetown (Sierra Leone) © Thomas Schirrmacher
- Fotogalerie der Reise: https://thomasschirrmacher.info/?p=24150
- Die Geschichte des Fourah Bay College: https://aaas.ecu.edu/sersas/wp-content/pv-uploads/sites/393/2021/05/The-Athens-of-West-Africa-International-Education-at-Fourah-Bay-College-1814-2002.pdf und https://www.thepatrioticvanguard.com/what-sierra-leoneans-did-not-know-about-fourah-bay-college
- Wikipedia-Eintrag zur University of Sierra Leone: https://de.wikipedia.org/wiki/University_of_Sierra_Leone
- Wikipedia-Eintrag zum Fourah Bay College: https://de.wikipedia.org/wiki/Fourah_Bay_College
- LinkedIn-Profil von Professor Mansaray: https://www.linkedin.com/in/kelleh-mansaray-1a476810b/