Erzbischof Thomas Schirrmacher hält zum zweiten Mal die ökumenische „Bischofspredigt“ im Münster von Neumarkt zum Thema Christenverfolgung
(Bonn, 02.10.2025) Zum zweiten Mal nach 2018 hat Erzbischof Thomas Schirrmacher im Münster St. Johannes in bayrischen Neumarkt (Oberpfalz) die jährlich stattfindende ökumenische Bischofspredigt zum Gedenken an verfolgte Christen gehalten. Veranstaltet wird der Gottesdienst vom Ökumenischen Arbeitskreis Religionsfreiheit. Am katholischen Gottesdienst nahmen die katholischen und protestantische Pfarrer teil, daneben waren verschiedene Freikirchen vertreten.
Der Hausherr Pfarrer Norbert Winner begrüßte Schirrmacher als alten Bekannten und zeigte sich erfreut, dass Schirrmacher in apostolischer Sukzession geweiht sei, wenn auch protestantisch. Er hob hervor, dass sich Schirrmacher seit Jahrzehnten nicht nur gegen Christenverfolgung einsetze und die Bischofspredigt zwischen Reisen im Nahen und Mittleren Osten eingeschoben habe, sondern sich auch im Rahmen des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit und der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte für die Religionsfreiheit aller und für ein friedliches interreligiöses Zusammenleben einsetze.
Schirrmacher predigte zu dem Text im Römerbrief, Kapitel 12, die Verse 14–18, unter der Überschrift „Haltet, soweit es an euch liegt, mit allen Menschen Frieden“. Das Ungewöhnliche sei, so Schirrmacher, dass gerade Paulus das geschrieben habe, denn ihm sei dieser Friedensappell nicht in die Wiege gelegt worden.
„Der hochgebildete Paulus hat andersdenkende Anhänger seiner eigenen Religion wegen ihres Glaubens töten lassen! Er war das Musterbeispiel dessen, was wir heute einen religiösen Extremisten nennen würden. Erst durch die Begegnung mit Jesus Christus wurde er vom religiösen Extremisten zum Extremisten der Liebe, der Versöhnung und des Friedens. Das ‚Vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun‘, das Jesus am Kreuz und Stephanus vor seiner Steinigung unter Aufsicht von Paulus beteten, wurde zum Paradigma von Paulus selbst.“
Das sei für die Gegenwart unglaublich relevant, so Schirrmacher, seien doch die Kirchen im Nahen Osten oder dem Hotspot christlicher Märtyrer, in Nigeria, vor allem Opfer religiöser extremistischer Gewalt.
„Verfolgte Christen stellen Tag für Tag unter oft schwersten Bedingungen unter Beweis, dass die Antwort auf religiöse Gewalt nicht Gegengewalt sein kann, sondern Glaube, Hoffnung und Liebe, wie Paulus sie verkündigt hat“, so der Bischof.

Schirrmacher berichtete von seinen jüngsten Reisen durch 25 Länder Afrikas und des Nahen und Mittleren Ostens und Besuchen der Kirchenführer aller Konfessionen. Überall treibe die Kirchenführer die Frage um, wie man die Botschaft von der Liebe Jesu angesichts extremistischer Gewalt hochhalten könne. Insbesondere junge Menschen von Racheaktionen abzuhalten, sei eine große Herausforderung, die sich im Westen keiner vorstellen könne.
Sein letztes Gespräch dazu führte er mit dem Syrisch-Katholischen Patriarchen in Beirut, mit dem er einen anstehenden Besuch beim Syrisch-Orthodoxen Patriarchen vorbereitete. Gemeinsam mit dem Präsidenten des Libanon wird er Hauptredner einer großen interreligiösen Friedenskonferenz in Beirut im Oktober 2025 sein.
Überall, so Schirrmacher, begegne er jedoch der Überzeugung, dass der Weg des Russisch-Orthodoxen Patriarchen, den Heiligen Krieg auszurufen, dem Evangelium entgegensteht. Schirrmacher verwies darauf, dass, wie bei Paulus und wie bei den meisten religiösen Extremisten, die Opfer dieses heiligen russischen Krieges Anhänger des eigenen Glaubens seien. 60 Prozent der 600 von russischen Bomben zerstörten religiösen Stätten in der Ukraine seien schließlich orthodoxe Kirchen und Klöster.
Schirrmacher ist nicht nur weltweit für Religionsfreiheit und gegen Christenverfolgung aktiv, sondern zugleich als Professor für Religionssoziologie auf die Erforschung des religiösen Extremismus aller Religionen und Weltanschauungen spezialisiert.

Die Nürnberger Nachrichten schreiben zur Bischofspredigt:
„Auf Einladung von Ruhestands-Pfarrer Ernst Herbert kam Erzbischof Thomas Schirrmacher zum zweiten Mal zum Arbeitskreis für Religionsfreiheit nach Neumarkt und hielt bei der Abendmesse im Münster Sankt Johannes, der Domkapitular Norbert Winner vorstand, die Predigt. Der 65-jährige Schirrmacher ist Präsident der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte und Präsident des Internationalen Instituts für Religionsfreiheit. Außerdem war er bis zum Jahr 2024 Generalsekretär der Weltweiten Evangelischen Allianz mit rund 600 Millionen Christen. Andreas Grell nahm seine letzte offizielle Aufgabe als stellvertretender evangelischer Dekan in Neumarkt wahr, ehe er nach Coburg geht. Er begrüßte den hohen Gast mit dem Zitat ‚Er ist des Papstes liebster Protestant‘. Bischof Schirrmacher traf nämlich mehrere Male mit dem verstorbenen Papst Franziskus zusammen. In seiner Predigt betonte der Würdenträger, dass jede Art von Zwangsmissionierung falsch sei. ‚Der Glaube kann nicht aufgezwungen werden, sondern er muss freiwillig erfolgen‘, sagte er. In zahlreichen Ländern Asiens und Afrikas mit fehlender Religionsfreiheit sei der Anstieg der Zahl der Christen enorm, das glatte Gegenteil zu Europa. Auf der politischen Ebene gebe es keine Alternative zum Dialog. ‚Die Waffen sind nicht in der Lage, dauerhaften Frieden und Wohlstand zu schaffen‘, sagte er zu den derzeit wütenden Kriegen. Der Kirchenbesuch in Russland sei deshalb sehr niedrig, weil dort die extremistische Politik in die Kirche hineingezogen werde.“
Downloads und Links
- Foto 1, Foto 2 und Foto 3: Erzbischof Thomas Schirrmacher während seiner Bischofspredigt © Martin Warnecke
- Foto 4 und Foto 5: Während des Gottesdienstes im Münster St. Johannes © Martin Warnecke
- Ankündigung der Nürnberger Nachrichten der Bischofspredigt am 21.09.2025: https://bonner-querschnitte.de/wp-content/uploads/2025/10/BQ0879.jpg
- Pressemeldung der Nürnberger Nachrichten: https://nn.de/region/neumarkt/erzbischof-halt-die-bischofspredigt-so-war-der-gottesdienst-im-neumarkter-munster-1.14846267