BQ 820 – 43/2024
Christine Schirrmacher referiert über unterschiedliche Auffassungen zu Menschenrechten in Nahost

Vortrag im Militärrabbinat des Zentralrats der Juden

(Bonn, 27.12.2024) Mit dem Vortrag „Die Menschenrechts-Debatte zwischen Universalismus und Kulturrelativismus: Positionen und Diskussionen im Kontext islamisch geprägter Gesellschaften“ referierte Prof. Dr. Christine Schirrmacher beim Militärrabbinat des Zentralrats der Juden in Deutschland, Berlin.

Schirrmacher erläuterte dabei die im Kontext nahöstlicher Gesellschaften intensiv geführte Debatte über Menschenrechte, die im Wesentlichen von der Frage geprägt sei, ob der universelle Anspruch der Menschenrechte mit dem Pluralismus der Kulturen vereinbart werden könne. Gibt es also universal definierbare Menschenrechte, die für alle Kulturen gelten (so die Vertreter eines Universalismus) oder müssen Menschenrechte immer in Bezug auf die jeweilige Kultur definiert werden (so die Vertreter eines Kulturrelativismus)?

Im Kontext des Nahen Ostens ließen sich im Wesentlichen drei unterschiedliche Antworten auf die UN-Charta der Menschenrechte von 1948 ausmachen, die zwar unter dem Eindruck der verheerenden menschenrechtlichen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs im westlichen Kontext entstand, an deren Formulierung jedoch auch einige mehrheitlich muslimische Staaten beteiligt waren:

Dabei handle es sich zum einen um die völlige Ablehnung der UN Deklaration als jüdisch-christliches Konstrukt und westlichem Imperialismus. Vertreter dieser Position seien vorwiegend Anhänger eines politischen Islam/Islamismus. Auf der anderen Seite stehe eine formale Bejahung der UN-Menschenrechtscharta unter der Behauptung, dass es jedoch der Islam sei, der die eigentlichen Menschenrechte formuliert habe und garantiere. Die Terminologie der UN-Charta werde übernommen, aber inhaltlich neu gefüllt. So können etwa Frauenrechte prinzipiell bejaht werden, aber dies mit Verweis darauf, dass die eigentlichen Frauenrechte mit der Offenbarung des Islam verkündet worden seien und in der Nachahmung der Frauenrollen aus den Zeiten Muhammads lägen. Schließlich gäbe es auch noch eine ganzheitliche Zustimmung zu UN-definierten Menschenrechten als universale Rechte, die oft mit Forderungen nach Reformen und Verbesserung der menschenrechtlichen Situation in islamisch geprägten Ländern verbunden seien.

Der Zentralrat der Juden als Körperschaft des öffentlichen Rechts wurde 1950 als politische und religiöse Vertretung der Juden in Deutschland gegründet und ist der größte Dachverband jüdischer Gemeinden und Landesverbände. Das Militärrabbinat als Dienststelle der Bundeswehr mit Zentrale in Berlin und fünf Außenstellen ist die jüdische Miliärseelsorge, die sechs Militärrabbiner beschäftigt. Sie werden vom Verteidigungsministerium in Abstimmung mit dem Zentralrat der Juden ernannt.

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